top of page
HP NEU Unterseite.png
AutorenbildSonja Tanzer

Unterwegs im Jahreskreis – die Wintersonnenwende - Mutternacht, Yul, Weihnachten

Die Mutter aller Nächte, die Wintersonnenwende führt uns in die längste Nacht des Jahres und gibt uns Hoffnung auf das neue Leben. Die Wiedergeburt des Lichtes findet statt und die Tage werden endlich wieder länger. Zuerst unmerklich, aber in ein paar Tagen werden wir spüren, wie der kosmische Eber die Sonnenscheibe antreibt und ihr den entscheidenden Stoß für ihre Wanderung über das Himmelszelt gibt, damit sie auch im nächsten Jahr ihren Segen über die Erde bringt.


Inhaltsverzeichnis


Was ist die Mutternacht?


Jetzt in der dunkelsten Zeit des Jahres ist es, als ob alles den Atem anhalten würde und mit Spannung darauf wartet, dass die Sonne - das Licht der Welt - wieder erscheint und ihre himmlische Wanderung erneut aufnehmen wird. Lange, düstere Wochen hat sie im Schoß der Mutter Erde geruht, hat ihre Kraft gesammelt und hat auf einen kosmischen Impuls gewartet. So stellte sich diese Zeit für unsere Ahnen dar: Wie die Sonne, so zogen auch sie sich zurück. Bis zu diesem besonderen Tag, an welchem sich die Dunkelheit langsam zurückziehen würde.


Alpenländischer Weihnachtsbaum


Doch in dieser dunkelsten Nacht gebiert die Große Allmutter das Licht - es wird als das kosmische Kind, der Jahresgott gefeiert. Er wird die Göttin fortan als ihr Begleiter durch das Jahr führen.



Wintersonnenwende


Endlich ist sie da: Die längste Nacht des Jahres. Die Tore zur Anderswelt stehen wieder weit offen - die Zeit steht still. Der entscheidenede Moment vor der Sonnenwende - Wohl oder Wehe? Schafft es der Welteneber der goldenen Sonnenscheibe den entscheidenden Impuls zu geben? Wird der goldene Hirsch die Sonnenscheibe auch im kommenden Jahr in seinem Wagen über das Himmelszelt ziehen?


Geheinminsvolle Bräuche ranken sich um den Blick in die Zukunft, aber auch um Schutz- und Abwehrzauber. Das Licht beginnt zu wachsen. In der alteuropäischen Überlieferung hieß es, der Gedanke, den man im Moment der Sonnenwende denkt, werde mit dem Licht des kommenden Jahres wachsen und damit im eigenen Leben Wirklichkeit werden.


Diese Lichtgeburt bedeutet, dass eine Klärung stattgefunden hat und der Mensch rein und frei, wie ein neugeborenes Kind in das kommende Jahr eintreten kann. Auch die christliche Tradition hat die Geburt des Heilandes - des Lichtes der Welt - auf dieses Datum gesetzt.


Die Wintersonnenwende bezeichnet das älteste und wichtigste Fest des Jahreskreises. Viele Kulturen bis in die heutige Zeit waren und sind sich darüber einig, dass an dem Tag, der die größte Dunkelheit mit sich bringt, der Lichtsame in Form eines Kindes wieder geboren wird.


Ursprünglich gebar die Große Göttin den goldenen Hirsch oder ihr Sonnenkind, das stellvertretend für die sich wandelnde Natur heranwuchs, im Frühling seine Blüte, im Sommer seine Reife erreichte und im Herbst zu ihr in die Unterwelt hinabstieg, um dort mit ihr Eins zu werden und zur nächsten Wintersonnenwende wieder geboren zu werden.



Bräuche rund um die Wintersonnenwende


In alter Zeit tanzte man in dieser Nacht linksherum in das Zentrum einer Spirale, hielt in der Mitte inne und wartete zusammengekauert, gleichzeitigt sterbend und wieder neu werdend, auf den Impuls, rechts herum wieder nach draußen zu tanzen, mit Hilfe der im Zentrum gefundenen Kraft der Erneuerung und des Lichts.


Die Wintersonnenwende bezeichnet den wichtigen Punkt dazwischen, der im Zentrum liegt. Sie ist der kostbare Moment der Lücke, aus der heraus Neues geboren wird, auch die zwölf kommenden Sonnenmonate und die dreizehn Mondmonate. In ihr sind die weiblichen und männlichen Zählrhythmen vereint. Aus diesem Geheimnis entsteht das Licht.


Magische Bräuche ranken sich um die Wintersonnwende. Die Nacht lädt zum Orakeln ein. Sträuße und Kränze aus Stechpalme, Mistel, Buchs, Eibe, Tanne, Fichte, Ginster, Kiefer, Föhre, Wacholder, Efeu und anderen immergrünen Pflanzen schützen vor negativen Kräften und richten die Sinne auf das, was nicht vergeht. Goldener und silberner Schmuck erinnert an die Kraft der Sonne und des Mondes und feiert das Licht, das von ihnen empfangen werden kann.


Die Kinder werden als Lichtkinder noch heute reich beschenkt. Während der Wintersonnenwende stirbt im Idealfall das „erwachsen Gewordene“, damit etwas ganz Neues aus der Tiefe an die Oberfläche steigen kann.


In dieser Zeit – aber besonders am 24. Dezember – können die Tiere sprechen und weissagen. Diese Überlieferung ist im gesamten Alpenraum bekannt und es gibt allerlei Sagen darüber. Wer in dieser Nacht im Stall bei den Tieren schläft, hört sie sprechen. Man darf sich aber nicht bemerkbar machen, sonst ist der Zauber vorbei.


Der Wunsch, die Zukunft zu erfahren, zu wissen, was das kommende Jahr bringen wird, ist tief in uns verwurzelt. So begab man sich seit Urzeiten in einen heiligen Rausch und ließ zu bestimmten Zeiten die Seele fliegen. Schamanen wussten genau um die richtige Dosierung der Flugpflanzen, so dass sie immer wieder heil in ihren Körper zurück kehrten.


Schamanenflug und der Weihnachtsmann


Zur Wintersonnenwende war DAS Mittel der Wahl für eine zünftige Seelenreise der Fliegenpilz. Sowohl mein Lieblingsautor Wolf-Dieter Storl als auch sein geschätzter - und leider in diesem Jahr verstorbene - Kollege Christian Rätsch haben alte Überlieferungen erforscht und wunderbare Bücher zu dieser Thematik geschrieben. Von Christian Rätsch empfehle ich hierzu im Besonderen "Abgründige Weihnachten - die wahre Geschichte eines ganz und gar unheiligen Festes", erschienen im Riemann Verlag 2. Auflage 2014.


Rätsch erklärt in diesem Buch überraschende Einsichten und Zusammenhänge und "Warum der Weihnachtsmann eigentlich ein Fliegenpilz ist". Der Weihnachtsmann ist also mitnichten eine Erfindung eines Getränkekonzerns sondern der Geist einer Schamanendroge mithilfe dessen man eine Schau auf das Künftige erlangen kann. Entsprechendes Wissen über Technik und Dosierung vorausgesetzt.


Das Rentier ist das Vehikel mithilfe dessen sich die Seele auf Reisen begibt und durch die Lüfte fliegt. Ja und der Weihnachtsmann kommt durch den Schornstein - der Schornstein ist seit jeher die Verbindung zwischen der irdischen Welt im Haus mit der überirdischen Welt - das Windloch oder Windauge (engl. window). Er bringt über Nacht Geschenke aus der überirdischen - der Anderswelt: gute Gaben von den wohlwollenden Ahnen.


(C) Nicoletta Gavar - probates Mittel zum Zweck

Rauhnächte


Die Rauhnächte sind zwölf regional etwas unterschiedlich datierte Nächte – die sogenannten „Zwölften“, die von besonderer mythologischer und ursprünglicher Kraft sind. Es werden damit die Tage zwischen den Jahren, jenseits der Zeit bezeichnet. Nun gingen die Menschen nach dem Hereinbrechen der Dunkelheit nicht mehr vors Haus, denn die Percht mit ihrem Gefolge ritt über das Land.


Sie, die über Leben und Tod herrscht, holt die toten Seelen, die bis zu den Rauhnächten dahinirrten und sich an Wegkreuzungen und verwunschenen Plätzen sammelten. Sie führte sie ins Jenseits, in den Mutterschoß zurück. Dabei zeigte sie entweder ein gütiges oder ein furchterregendes Gesicht, je nachdem, wie die Seelen zu Lebzeiten gewirkt hatten. Die Lebenden fürchteten sich davor, in der Dunkelheit auf dieses Heer von Überirdischen zu treffen und mitgenommen zu werden. Viele Geschichten erzählen davon, in denen die Percht auf lebende Menschen trifft und deren Herz prüft. Dabei wird sie oft zum armen Tier oder zum Bettler.


Von besonderer Bedeutung sind folgende Daten:

5./6.12. – Krampus, Nikolaus – diese Rauhnacht wird eher selten dazu gezählt

21./22.12. – Thomastag, Wintersonnenwende

24./25.12. – Weihnachten, Lichtfest

28./29.12. – Unschuldige Kinder, Tag der Wandlung/Transformation

31.12./1.1. – Jahreswechsel, Silvester

5./6.1. – Dreikönig, Perchtennacht


Manche räuchern zu jeder Rauhnacht spezielle Mischungen. Es soll auch jede Rauhnacht einem der kommenden Monate zugeordnet werden und es wurde entsprechend orakelt und man beobachtete das Wetter ganz genau. Eine andere Überlieferung besagt, dass die ersten 6 Nächte dazu da sind um das Vergangene abzuschließen und in den letzten 6 Nächten in die Zukunft geschaut wird.



Die drei Könige - oder doch drei Madln?


Mit dem 6. Jänner, dem Dreikönigstag endet der Weihnachtszauber. Das Neue Jahr hat sich schon bewährt. Die Zeitlücke zwischen Mond- und Sonnenjahr schließt sich. In manchen Orten gehen die Perchtenläufe, Anklöckler und andere Maskierte nahezu nahtlos in den Fasching über.

In christlicher Tradition gehen Kinder von Haus zu Haus und malen die uns wohl bekannten Buchstaben an die Tür: C+M+B. Caspar, Melchior und Balthasar. Im Mittelalter hießen sie noch Catharina, Margarethe und Barbara und den Ursprung dieses Brauches finden wir in den drei Bethen: Ambeth, Wilbeth und Borbeth. Hier im Alpenraum hat das Wissen um die Trinität der großen Mutter bis weit ins Mittelalter überlebt. Man kannte sie als die drei Heiligen Madln.


„Margaretha mitn Wurm,

Barbara mitn Turm,

Katharina mitn Radl,

des san die heilign drei Madln.“



Die Rückkehr des Lichtes


Ein Wanderer bist Du.

Nicht Welten durchwanderst Du,

nicht Wege auf diesem Planeten,

auch nicht verschiedene Leben;

Landschaften Deiner Seele sind es,

die Du durchwanderst.


Deine Seele ist ein Universum;

Geheimnisvoll und sich selbst unbekannt.

Deine Seele durchwandert sich selbst,

und während sie sich erlebt und erforscht,

offenbart sie sich;

und während sie sich offenbart, verwirklicht sie sich;

und während sie sich verwirklicht,

erweckt sie sich.

Das ist die Reise Deines Lebens


Safi Nidiaye





Aus der Mitte entspringt die Wiedergeburt



Wenn du jetzt denkst...


….ja das gab es alles nur früher - Blabla und Hokuspokus! Weihnachten ist zum Konsumfest verkommen, es ist laut und am Ende spinnt dann sowieso immer einer. Doch halte gern inne und lasse dich von mir einladen, deine Art zu finden die Wintersonnenwende zu begehen.


Die Mutternacht ist ein Familienfest. Es stimmt, es ist immer ein Gelage - aber das hat wenig mit Konsum und Überdruss zu tun. Es ist die unbändige Freude, über die Lichtgeburt - es wird wieder hell! Es geht wieder aufwärts! Erwarte nichts, verschenke viel! Verschenke deine Zeit, deine Liebe. Wenn du wenig hast, dann reicht auch das: früher gab es bei uns am 24. Dezember Nudelsuppe und (bestenfalls) Würstel darin. Es war das beste Essen des Jahres, weil wir beisammen saßen.


Besorge dir eine alte Pfanne und gib Kohle und Sand hinein. Geh durch deine Wohnung und räuchere, was du gerade daheim hast. In vielen Fällen wird es Weihrauch sein. Wenn du das nicht magst, dann geh und hol dir von draußen etwas Efeu, Nadeln von verschiedenen Bäumen, vielleicht findest du auch noch etwas Harz. Lass aus deinem Herzen das Licht strahlen - das ist der eigentliche Geist des Weihnachtsfestes.


In diesen Nächten kannst du auch besonders darauf achten, wovon du träumst. Lege dir Zettel und Stift neben dein Bett und notiere dir, woran du dich erinnern kannst. Während des Jahres kannst du deine Notizen durchlesen - oft ist es lustig, manchmal sehr treffend und ja, schon fast ein bisschen unheimlich.


Übrigens: Wir sind mitten in der triefenden-Nasen-Zeit! Wenn du es noch nicht gemacht hast, dann hol dir die 12 goldenen Rezepte für die Schnupfenzeit!



(C) pixabay rihabij



67 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comentarios


bottom of page